Ausstellung: „Die Etrusker – Weltkultur im antiken Italien“ im Badischen Landesmuseum Karlsruhe
Rätselhaft und weltoffen
Mit unergründlichem Gesichtsausdruck schauen sie am Betrachter vorbei in die Ferne. Ihre lebensechten Abbildungen auf Grabgefäßen sind das, was am häufigsten von dem rätselhaften antiken Volk der Etruskern gefunden wird. In der Ausstellung „Die Etrusker – Weltkultur im antiken Italien“ zeigt das Badische Landesmuseum Karlsruhe bis zum 17. Juni eine Fülle hochkarätiger Ausstellungsstücke, die Licht ins Dunkel der Geschichte werfen.
So spektakulär wie die Ausgrabungsstücke ist ihre Präsentation im Badischen Landesmuseum: die Funde aus Gräbern werden in einem begehbaren Grabhügel präsentiert, die Vitrinen wirken wie beleuchtete Schatzkammern – ein fast schon magisches Erlebnis.
Museumsdirektor Eckart Köhne und seinem Team ist es gelungen, die eigene persönliche Etrusker-Faszination zu vermitteln. Landläufig weiß man von den Etruskern wenig mehr, als dass sie auf dem Gebiet der heutigen Toskana siedelten und im Lauf des 1. Jahrhunderts vor Christus von der aufstrebenden Militärmacht Rom „geschluckt“ wurden. Dass Rom ursprünglich eine etruskische Stadtgründung war, durchgeführt nach etruskischem Ritus und von Etruskern regiert, versuchten die Römer schon früh in ihrer Geschichte vergessen zu machen. Ist es Zufall, dass so vieles von der römischen Kultur überliefert wurde, aber die etruskischen Schriftzeugnisse fast ebenso vollständig verschwanden wie die etruskische Sprache?
Dabei waren die Etrusker ein weltoffenes, lebenslustiges Völkchen, das durch den Handel mit Eisenerz wohlhabend wurde und mit Griechen, Phöniziern und Kelten auch kulturell in einem lebhaften Austausch stand. Daher die Bezeichnung „Weltkultur“: in der antiken Welt rund um das Mittelmeer spielten die Etrusker eine wichtige Rolle. Ihr Reichtum erweckte Neid, ihre selbstbewussten Frauen und tiefe Religiosität waren den Nachbarvölkern schon damals ein Rätsel. Ein paar dieser Rätsel werden im Badischen Landesmuseum aufgelöst.
Die sehr religiösen Etrusker stellten sich das Leben im Jenseits als Fortführung ihres weltlichen Daseins vor, sozusagen ein immerwährendes Bankett zusammen mit ihren Vorfahren. Eine zauberhafte Animation mit Figuren aus der etruskischen Kunst malt diese Jenseitsvorstellung lebendig aus.
Das erklärt auch die reichen Grabbeigaben. Dank der Kooperation mit dem italienischen Kulturministerium stammen 95 Prozent der Ausstellungsstücke aus Italien, und da reiht sich ein Highlight an das nächste. Schmuck, Gewandnadeln, hochwertiges Geschirr und Vasen aus einheimischer Produktion, aber auch aus Griechenland, eine vergoldete phönizische Schale, Miniaturbronzen der sardischen Nuraghen-Kultur, die Rüstung eines Kriegers, ein ganzer rekonstruierter Streitwagen – die Funde aus etruskischen Gräbern machen einen lange vergangenen Alltag wieder lebendig, der von der Freude an schönen Dingen geprägt war.
Und von der Freude an geselligen Runden. Malereien zeigen Männer und, für die Antike am Mittelmeer unerhört, auch Frauen beim gemeinsamen Tafeln. Man pflegte das, wie die Griechen, im Liegen zu tun. Und genau so, mit Blumenkränzen im Haar und Girlanden um den Hals, werden die Verstorbenen auf den Urnen aus Stein oder Ton abgebildet: im Liegen, mit einer Schale in der Hand.
Vom 9. bis zum 1. Jahrhundert vor Christus gehörten die Etrusker zu den führenden Wirtschaftsmächten im Mittelmeerraum. Bis Angriffe von mehreren Seiten die etruskischen Stadtstaaten schwächten und Rom einen dieser Stadtstaaten nach dem anderen seinem Staatsgebiet eingliederte – mal mehr, mal weniger freiwillig. Die etruskische Elite scheint recht geschickt die Seiten gewechselt zu haben. Denn die lebensgroße, grandios gearbeitete Bronzestatue eines Redners mit römischer Frisur in einer römischen Toga stellt einen Etrusker dar, was die Inschrift auf dem Saum der Toga verrät.
Nike Luber
„Die Etrusker – Weltkultur im antiken Italien“, Badisches Landesmuseum im Schloss Karlsruhe, Di-So 10-18 Uhr. Bis 17. Juni 2018.
Infos: www.landesmuseum.de