Adolf Riedlin: Fresken suchen neue Heimat
Vor 130 Jahren, am 3. April 1892, wurde der Maler Adolf Riedlin in Laufen bei Sulzburg geboren. Er verstarb 1969 in Freiburg. Die Lebensspanne umfasste also den Ersten Weltkrieg, die Weimarer Republik, die gesamte NS-Zeit sowie die Nachkriegsjahrzehnte in der neuen Bundesrepublik. Keine Überraschung daher, dass diese Zeitläufte in der Vita des Künstlers und seinem Oeuvre Spuren hinterlassen haben. Und, dass dies nachzuverfolgen und zu studieren, eine geschichtliche Lehrstunde sein kann. Zuletzt richtete das Lörracher Dreiländermuseum 2016/2017 eine Retrospektive anlässlich des 125. Geburtstags ein.
Riedlin hat tatsächlich mehrmals einen ‚Stilwechsel‘ vollzogen: Seine frühen Bilder bis in die 1930er Jahre, unter dem Eindruck seiner Studien bei Adolf Hölzel an der Stuttgarter Kunstakademie, sind geprägt von farbenfroher Abstraktion, kubistischen Anklängen – weshalb ihm attestiert wurde, „Vorreiter der Klassischen Moderne in Baden“ gewesen zu sein. Elemente des Expressionismus und des Surrealismus hat er gleichsam aufgesogen. Dies „avantgardistische Kunstschaffen des Künstlers“ fiel auch den Nazi-Schergen in den Blick, fünf seiner Arbeiten wurden 1937 im Freiburger Museum als „entartet“ entfernt. Selbst die realistischen Bilder bäuerlichen Landlebens entsprachen, wie bei anderen badischen Künstlern der Zeit, nun nicht mehr dem Zeitgeist, zu wenig ideologisches Pathos schien ihnen eigen. Zugleich jedoch, eigentlich schon kurz zuvor, besann sich Riedlin anders: 1935 bewarb er sich bei einer Ausschreibung der Stadt Freiburg … doch davon später.
Zwei Arbeiten Riedlins auf Freiburger Gemarkung, einst beide öffentlich, harren künftiger Aufbewahrung. Den Erzstolleneingang am Schönberg in St. Georgen bekrönt ein Fresko von 1941: Zwei überlebensgroße behelmte Arbeiter im Profil agieren dynamisch von links nach rechts; gemeinsam treiben sie eine schwere, pneumatische Bohrmaschine in den anstehenden Fels. Heroische körperliche Leistung paart sich mit der Vorführung neuester Technologie, wie sie just im Bergbau Verwendung fand. Die Arbeit, mehrfach wurde daran schon erinnert, steht unter Denkmalschutz, gleichzeitig jedoch unter freiem Himmel. Also verblassen die Farben, Risse in der Wand treten auf, es bröckelt. Eine wirkliche Sicherung, wohl nur durch Abnahme und Verbringung an einen gesicherten Ort (im Innern?), ist vonnöten.
Prominenter, wenngleich mittlerweile eher weniger bekannt, weil nicht mehr offen zugänglich, ist das ungleich größere Wandbild, ebenfalls in Fresko-Technik ausgeführt, das Riedlin im kommunalen Auftrag 1937 für das neu erbaute Casino des Freiburger Gaswerks geschaffen hat, nachdem er den Wettbewerb gewann. In monumentalen Maßen, 9,20 m breit und 2,40 m hoch, marschiert hier eine Kolonne von Landarbeitern in stolzem Schritt, mit Schaufeln und Spitzhacken bewehrt, von links auf zwei offenbar mittellose Figuren am rechten Bildrand zu – mit dem Hitlergruß treffen sie aufeinander (die erhobenen Arme wurden nach 1945 übermalt). Das bildete den Geschmack und wurde folglich als „Kunstwerk völkischer Selbstbestimmung“ gefeiert. Auch dies Bild existiert noch.
Für die Freiburger Fresken sollten tragfähige Lösungen der Aufbewahrung gefunden werden. Sie sind allemal von kunsthistorisch-pädagogischem Wert und insofern (im Wortsinn) erhaltenswerte Denkmale, auch weil Thematik und Bildsprache im NS-Kontext beheimatet sind.
Bildquellen
- Landarbeiter beim Energieversorger, Detail: Foto: Michael Klant
- Bergarbeiter in St. Georgen, Detail: Foto: Flashar