Reise in die Welt der Phantasie: Das Kinderbuch ‚Kafka und die verlorene Puppe‘ öffnet die Türen zu Franz Kafkas Universum
Das Kafka-Jahr neigt sich dem Ende entgegen, während wir auf viele Neuerscheinungen zurückblicken, fällt eine, obwohl eher untypisch für Kafka-Kenner, besonders ins Auge: „Kafka und die verlorene Puppe“, ein Kinderbuch ab fünf Jahren.
Irma trauert um ihre geliebte Puppe Supsi. Ein unbekannter Mann erkennt Irmas Not und behauptet, einen Brief von Supsi erhalten zu haben, die auf Abenteuerreise sei. Die Briefe erzählen von aufregenden Erlebnissen: Gipfelbesteigungen, Teetrinken mit Peter Hase und Architekturgesprächen mit Gaudí. Doch allmählich werden die Nachrichten kürzer, der Husten des Mannes schlimmer, bis die Briefe schließlich ganz ausbleiben. Der Unbekannte ist Franz Kafka. Larissa Theule erzählt eine Geschichte, die auf Dora Diamants Bericht basiert, Kafkas letzter großer Liebe vor seinem Tod im Jahr 1924. Wie in der Geschichte, tröstet Franz Kafka ein Mädchen über den Verlust seiner Puppe hinweg mit Briefen, die er verfasst. Als Kafka, geschwächt von der Krankheit, keine Briefe mehr schreiben kann, beschließt er, die Puppe heiraten und eine Familie gründen zu lassen – der gewohnte Lebensweg eines Mädchens der 1920er Jahre.
Die Autorin modernisiert das Ende, indem sie den Weg der Puppe an die heutige Lebenswelt von Mädchen anpasst: Sie schickt Supsi auf eine wissenschaftliche Expedition in die Antarktis. Themen wie Verlust, Krankheit und Abschied dominieren die Geschichte. In den Nachbemerkungen werden sich die erwachsenen Leser:innen der bittersüßen Analogie zwischen der Geschichte und Kafkas letzter Lebensphase bewusst. Trotz seiner schweren Erkrankung und des bescheidenen Einkommens erlebte er in seinen Berliner Jahren mit Dora Diamant bedeutende Glücksmomente und Zufriedenheit.
Im Buch finden die Verweise auf Kafkas Leben visuelle Ausdrucksformen. Die Illustratorin Rebecca Green setzt das Tagebuch, das Herr Kafka Irma überreicht, in Szene und würdigt damit Kafkas eigenen Umgang mit dem Tagebuchschreiben. Greens deutliche und auffällige Formensprache vermittelt das Flair der 1920er Jahre. Die Hauptfiguren besitzen große Ohren und spitze Nasen, was die Gefahr von übertriebener Niedlichkeit mindert. Dagegen stehen die Darstellungen der Puppenabenteuer, die mit knopfäugigen Tierbegleitern versehen sind und somit die reale Handlungsebene visuell abgrenzen. Die gedeckten Farben passen thematisch zu den herausfordernden Themen und verweisen, wie in der Geschichte, auf den Übergang vom Herbst in den Winter.
Die Atmosphäre, die durch die Illustrationen geschaffen wird, spiegelt zwar das vertraute düstere Bild von Kafka wider, doch durchbricht die Geschichte dieses Klischee, indem sie einen warmherzigen Kafka präsentiert.
Die kinderfreundliche Gestaltung hat das Potenzial, die Neugier junger Leser:innen zu wecken. Die Illustrationen gewähren Einblicke in die Briefe und ziehen die Leser:innen so unmittelbar in die Geschichte hinein. „Herr Kafka und die verlorene Puppe“ ist ein Kinderbuch, das schwierige Themen feinfühlig behandelt und sich als besonderes Geschenk unterm Weihnachtsbaum für alle Kafka-Fans ab fünf Jahren eignet.
„Herr Kafka und die verlorene Puppe“ erscheint im Kafka Jahr erstmalig in der deutschen Übersetzung im Fischer Sauerländer Verlag.
Bildquellen
- Das Kafka-Jahr neigt sich dem Ende entgegen, während wir auf viele Neuerscheinungen zurückblicken, fällt eine, obwohl eher untypisch für Kafka-Kenner, besonders ins Auge: „Kafka und die verlorene Puppe“, ein Kinderbuch ab fünf Jahren. Irma trauert um ihre geliebte Puppe Supsi. Ein unbekannter Mann erkennt Irmas Not und behauptet, einen Brief von Supsi erhalten zu haben, die auf Abenteuerreise sei. Die Briefe erzählen von aufregenden Erlebnissen: Gipfelbesteigungen, Teetrinken mit Peter Hase und Architekturgesprächen mit Gaudí. Doch allmählich werden die Nachrichten kürzer, der Husten des Mannes schlimmer, bis die Briefe schließlich ganz ausbleiben. Der Unbekannte ist Franz Kafka. Larissa Theule erzählt eine Geschichte, die auf Dora Diamants Bericht basiert, Kafkas letzter großer Liebe vor seinem Tod im Jahr 1924. Wie in der Geschichte, tröstet Franz Kafka ein Mädchen über den Verlust seiner Puppe hinweg mit Briefen, die er verfasst. Als Kafka, geschwächt von der Krankheit, keine Briefe mehr schreiben kann, beschließt er, die Puppe heiraten und eine Familie gründen zu lassen – der gewohnte Lebensweg eines Mädchens der 1920er Jahre. Die Autorin modernisiert das Ende, indem sie den Weg der Puppe an die heutige Lebenswelt von Mädchen anpasst: Sie schickt Supsi auf eine wissenschaftliche Expedition in die Antarktis. Themen wie Verlust, Krankheit und Abschied dominieren die Geschichte. In den Nachbemerkungen werden sich die erwachsenen Leser:innen der bittersüßen Analogie zwischen der Geschichte und Kafkas letzter Lebensphase bewusst. Trotz seiner schweren Erkrankung und des bescheidenen Einkommens erlebte er in seinen Berliner Jahren mit Dora Diamant bedeutende Glücksmomente und Zufriedenheit. Im Buch finden die Verweise auf Kafkas Leben visuelle Ausdrucksformen. Die Illustratorin Rebecca Green setzt das Tagebuch, das Herr Kafka Irma überreicht, in Szene und würdigt damit Kafkas eigenen Umgang mit dem Tagebuchschreiben. Greens deutliche und auffällige Formensprache vermittelt das Flair der 1920er Jahre. Die Hauptfiguren besitzen große Ohren und spitze Nasen, was die Gefahr von übertriebener Niedlichkeit mindert. Dagegen stehen die Darstellungen der Puppenabenteuer, die mit knopfäugigen Tierbegleitern versehen sind und somit die reale Handlungsebene visuell abgrenzen. Die gedeckten Farben passen thematisch zu den herausfordernden Themen und verweisen, wie in der Geschichte, auf den Übergang vom Herbst in den Winter. Die Atmosphäre, die durch die Illustrationen geschaffen wird, spiegelt zwar das vertraute düstere Bild von Kafka wider, doch durchbricht die Geschichte dieses Klischee, indem sie einen warmherzigen Kafka präsentiert. Die kinderfreundliche Gestaltung hat das Potenzial, die Neugier junger Leser:innen zu wecken. Die Illustrationen gewähren Einblicke in die Briefe und ziehen die Leser:innen so unmittelbar in die Geschichte hinein. „Herr Kafka und die verlorene Puppe“ ist ein Kinderbuch, das schwierige Themen feinfühlig behandelt und sich als besonderes Geschenk unterm Weihnachtsbaum für alle Kafka-Fans ab fünf Jahren eignet. „Herr Kafka und die verlorene Puppe“ erscheint im Kafka Jahr erstmalig in der deutschen Übersetzung im: Fischer Sauerländer Verlag.