KolumneMixtape

Spot(t)light – Drogenszene Freiburg: Die Würde einer politischen Fehlerkultur ist antastbar

Die Würde des Menschen ist unantastbar, oder? Naja. Nicht, wenn sich die politische Fehlerkultur und die damit verbundene „öffentliche Angst“ von Politiker:innen nicht verändert. Nach den Wahlen 2018/19 wurde der Umbau des Colombiparks im Gemeinderat mit einer Mehrheit forciert. Die neue Generation im Rathaus war getrieben von einem Machbarkeitswillen, Demonstrationsdrang und einer politischen Profilschärfung. Genau dort, wo bislang der sogenannte „Käfig“ der Drogenszene steht, soll für eine wuchtige Summe in Höhe von 300.000 Euro ein Wasserspielplatz für Kinder entstehen. Doch warum soll die Drogenszene in die Unsichtbarkeiten der sozial-gesellschaftlichen Räder gedrängt werden? Wünschen sich Freiburgs Politiker:innen ein gebohnertes Stadtzentrum? Hierzu eine kurze Klarstellung: Die Lebensrealitäten von Personen aus der Drogenszene sind sowohl gelebte als auch geprägte Wahrheiten, die oft in Kontrast zu vielen anderen Lebensweisen stehen, aber dennoch gleichwertig einen fairen sozial-gesellschaftlichen Umgang erfordern. In diesem Zusammenhang ist die Verdrängung dieses Milieus aus der Innenstadt durch das „Spielplatzargument“ fahrlässig. Befürworter:innen argumentieren, dass zu wenige Spielplätze für Kinder im Zentrum Freiburgs fehlen. Dagegen sprechen sowohl die geringen prozentualen Anteile an Kindern in diesem Gebiet als auch der Spielplatz Wallstraße, der Spielplatz am Augustinerplatz, der Spielplatz Faulerstraße, der Spielplatz am Kanonenplatz, der Spielplatz am Schlossbergring und der Spielplatz im Stadtgarten. Aus diesem Grund fordert der Zusammenschluss aus der Kulturliste Freiburg und der Liste für Teilhabe und Inklusion den Baustopp am Colombipark.
Nachvollziehbar sind die Perspektiven der Anwohner:innen, die sich mit der Ansiedlung des „Käfigs“ im Park trotz ordnungspolitischen Herausforderungen arrangiert haben. Diese Situation hat sich nun nachteilig verändert. Aufgrund von Platzmangel und Überlappungen mit der Baustelle musste sich die Szene unter zahlreichen Fenstern und Balkonen neu verorten. Diese Situation zerrte die Freiburger Drogenszene in das Licht der breiten Öffentlichkeit und sorgte für eine Stigmatisierung. Zusätzlich und zu Recht sind die Anwohner:innen im Europaviertel genervt. Für diese Herausforderung hat die kommunale Politik aber schon längst eine Lösung gefunden: ein potenzieller Standortwechsel nördlich des Hauptbahnhofs. Gute Idee, oder? Nun werden unterschiedliche Stimmen immer lauter, die einen höheren unkontrollierten Konsum und einen undurchsichtigeren ordnungspolitischen Zustand vermuten. Die Mutmaßung liegt nahe, dass sich dadurch die Vermischung von unterschiedlichen Drogenarten verstärkt. Mängel an improvisierter Ausstattung und fehlende Kenntnisse in wichtigen Hygieneartikeln oder Sichtschutz kommen hinzu.
Eine wahre Schmach dieser gesamten Situation ist, dass die Warnungen der Mitarbeiter:innen des Kontaktladens am Colombipark von der politischen Seite lange ignoriert wurden und ihre Expertise erst kürzlich in der Stadtverwaltung gehör fand. In diesem Zusammenhang darf nicht vergessen werden, dass der zur Verfügung gestellte Konsumraum Menschenleben rettet! Doch welches Menschenleben ist dem Gemeinderat welche Geldsumme wert?
Die politische Fehlerkultur folgt auch in der Frage um den Bau am Colombipark einem hierarchischen Klassenprinzip: Der Gemeinderat, als politisches Gewalteninstrument der Stadt Freiburg, tritt mit seinem erhofften prestigeträchtigen Projekt und vorgeschobenen Argumenten nach unten auf die Mitglieder:innen der Drogenszene, mit dem Ziel, ein kinderfreundliches Ambiente im zentralen Stadtbild zu etablieren. Damit wird das Klischee einer Szene portraitiert, die gar nicht um diese Aufmerksamkeit gebeten hat.

Bildquellen

  • Freiburg Symbolbild: Foto: Ilo Frey via pexels