Ein multimediales Erlebnis: Im Haus der Kunst München ist eine Rebecca Horn Ausstellung zu sehen
Das Haus der Kunst in München begrüßt Besuchende mit dem „Kuss des Rhinocerus von 1989“: Langsam bewegen sich zwei metallene Halbkreise nach oben und verbinden sich zu einem knisternden Lichtblitz. Die Arbeit zählt zu einer imposanten Serie mechanischer Skulpturen. 1944 im Odenwald geboren studierte Rebecca Horn erst in Hamburg, dann an der St. Martin`s School of Art in London. Es folgten Jahre in New York und in Berlin, 28jährig die erste Teilnahme an der documenta 5, ausgewählte Einzel- und Gruppenausstellungen in den USA und in Europa. Professuren, zahlreiche Preise und Auszeichnungen wie der Kaiserring der Stadt Goslar begleiten ihr Schaffen. In New York bewegte sie sich in der Fluxus- und Experimentalfilmszene um Andy Warhol und John Baldessari. Auch die Performancekünstlerin Marina Abramovic lernte sie kennen. Während der 1970er Jahre gefilmte Performances mit präzisen Untersuchungen der Bewegungsmöglichkeiten des menschlichen Körpers werden in der Münchener Ausstellung neu digitalisiert an zwei Wänden gegenüber groβformatig präsentiert. Da werden Gegenstände auf und am Körper befestigt und in der Bewegung maximal ausgereizt bewegt, und die Hautoberfläche phantasievoll ornamentiert. Die Künstlerin versteht sich vor allem als Choreografin und ist zudem Erfinderin, Regisseurin, Autorin, Komponistin und Poetin. Immer steht das Menschliche im Verhältnis zur übrigen Natur, zur Technik und Kultur im Mittelpunkt. Auch die Geschichte der Kunst weiß Horn diskret in ihr Werk einzuflechten: „Die preußische Brautmaschine“ erinnert an Duchamps „Groβes Glas“, die „Junggesellenmaschine“. Die mechanischen Skulpturen der 1980er Jahre zeigen Verbindungen mit Federn, Schmetterlingsflügeln und immer wieder Geräuschen. Eine der Rauminstallationen der 1990er Jahre ist `Der Turm’ von 1994, der die Balkankriege mit ineinander gestellten Leitern und tönenden Geigen thematisiert.
Bekannt sind die schauerlich in vorgegebenem Rhythmus nach unten fallenden Tasten eines verkehrt herum gehängten Klavierflügels „concert for anarchy“, 2006. Poetisch hingegen das „Cinema varieté, Heart Shadows for Pessoa“, 2006 das mit seinen durch die Wasseroberfläche elegant bewegten Formen zu einem vergleichenden Sehen anleitet. In den einzelnen Räumen finden sich Malmaschinen und Papierarbeiten, die Rebecca Horn seit der 1960er Jahre zeichnete, so „El Calvario“ von 2003, „Blüten der Mandel“ von 2004, ja sogar ein „Kaktus Gespräch im Schneckentanz“. Solche Titelgebung zeichnet sich durch tiefgründige und poetische Gedanken aus. Die jüngste gezeigte Arbeit besteht aus bewegten Messingstäben, die in unterschiedlich hohem Menschenmaβ nach oben ragen. „Hauchkörper“ (2017) heißt die bewegende Rauminstallation, die sich gleich monumentalen Gräsern im Windhauch bewegt. Es ist ein groβartiges multimediales Erlebnis, sich durch die von Jana Baumann mit Radia Soukni kuratierten Ausstellungsräume zu bewegen.
Rebecca Horn. Haus der Kunst München. Bis 13.10.2024. www.hausderkunst.de
Bildquellen
- Rebecca Horn: „Turm der Namenlosen“, 1994 Foto: Markus Tretter: © VG Bild-Kunst, Bonn 2024
- Rebecca Horn: „Bleistiftmaske“, 1972 Archiv Rebecca Horn: © VG Bild-Kunst, Bonn 2024