Tanz

Zarte Seelen und dynamische Neoklassik: Das Tanzfestival „The World of John Neumeier“ bringt Literatur und Musik Amerikas ins Festspielhaus Baden-Baden

Bereits zum dritten Mal findet vom 26. September bis 13. Oktober das Festival „The World of John Neumeier“ des Festspielhauses Baden-Baden statt, das auch in diesem Jahr mit einem großes Rahmenprogramm die ganze Stadt bespielt.
Der diesjährige Themenschwerpunkt liegt dem Meister besonders am Herzen, es ist die Literatur seiner Heimat USA. Neumeier bringt seine Adaptionen der berühmtesten Dramen von Tennessee Williams mit, „Endstation Sehnsucht“ und „Die Glasmenagerie“. Es ist das erste Gastspiel des Hamburg Ballett unter der neuen Leitung von Neumeiers Nachfolger Demis Volpi. Als Gastkompanie hat Neumeier das Joffrey Ballet aus Chicago eingeladen, die in ihrem dreiteiligen Abend mit drei deutschen Erstaufführungen glänzen.
Eröffnet wird das Festival mit der Ballett-Werkstatt am 26. September, wo Neumeier gemeinsam mit den Hamburger Tänzer:innen erläutert, wie man die Dialoge und großen Emotionen von Tennessee Williams in Choreografie umsetzt. Beim Tanzatelier vor der Kurmuschel (28.9., 12 Uhr) heißt es dann Mittanzen statt Zuschauen. Neue Arbeiten zeigen sowohl die Absolvent:innen der Ballettschule des Hamburger Balletts in „Absprung – Choreographers for tomorrow“ (Kongresshaus, 3.10., 17 Uhr) wie auch das Bundesjugendballett: Die jungen Tänzer:innen stellen im Theater am Goetheplatz (3.10., 19 Uhr, 4.10., 20 Uhr) ein neues Stück von Edvin Revazov vor und erinnern mit „Sybil Dances“ an John Neumeiers erstes Engagement (1960–1962) in der Compagnie von Sybil Shearer.
„Endstation Sehnsucht“ wurde nicht nur als Bühnenstück, sondern auch als Film mit Marlon Brando weltberühmt; Tennessee Williams erzählt hier die Geschichte der zerbrechlichen Südstaatenschönheit Blanche DuBois, die nach großen Verlusten bei ihrer Schwester in New Orleans Trost sucht – und dort auf deren brutalen Mann Stanley Kowalski trifft. Mit verwehten Rückblenden und dem beklemmenden Porträt einer zerbrechenden Seele, mit leisen Tönen von Sergej Prokofjew und der überwältigenden Ersten Symphonie von Alfred Schnittke zählt das Tanzdrama zu Neumeiers fesselndsten Balletten. Im Festspielhaus Baden-Baden tanzt das Hamburg Ballett „Endstation Sehnsucht“ vom 4. bis 6. Oktober.
Auch in der „Glasmenagerie“, die das Hamburg Ballett am zweiten Oktoberwochenende (11. bis 13.10.) zeigt, zerbrechen Träume an der Realität, nur viel stiller: die fragile Laura sortiert Glasfigürchen und flüchtet ins Kino, ihr unzufriedener Bruder Tom wäre so gern ein Künstler und verbirgt seine Homosexualität, die übermächtige Mutter hängt der Vergangenheit nach. Das intensive Kammerspiel entwickelt sich zu einer amerikanischen Partitur von Aaron Copland, Philip Glass und Ned Rorem. Im Festspielhaus live gespielt von der Philharmonie Baden-Baden.

Weitere Infos & Tickets: www.festspielhaus­.de

Bildquellen

  • In „Glasmenagerie“ zerbrechen Träume an der Realität: © Kiran West