Theater

Eine Welt ohne Wiesen, Blumen und Bäume? Das Theater Budenzauber feierte Premiere mit seinem Stück „Mülldorado“

„Mülldorado“ – das hört sich doch verheißungsvoll an! In gleichnamigem Kinderstück der Freiburger Regisseurin Steffi Bürger und ihrem Theater Budenzauber ist dieser Ort ein anderthalb Meter hoher Berg aus kunterbuntem Verpackungsabfall. Raffiniert in Bahnen genäht, doch das eröffnet sich erst später. Schmutzig, stinkig oder gar giftig ist da nichts – im Gegenteil: Bei der Premiere auf der Vorderhaus-Bühne sieht´s aus wie Rummel und Bescherung ohne Weihnachtsbaum. Bei fröhlicher Musik (Thorsten Katz) be­ginnt der Abfallhaufen nun auch noch zu blubbern und spuckt zur Freude des Kindergartenpublikums immer neue Plastikflaschen, Tetra Paks und Eierkartons aus. Dann recken sich Hände in die Höhe und mit einem fröhlichen „Guten Morgen, Müll!“ begrüßen Alexandra Nesici (Ramsch) und Nils Hüttenrauch (Wust) einen neuen Tag. Die beiden sind ein seltsames Doppelwesen: Sie tragen Warnwesten, an einer Schulter sind sie zusammen geheftet wie siamesische Zwillinge. Oft sprechen sie synchron, Fortbewegung geht nur im trippeligem Geichschritt. Das ist sehr lustig, zumal die zwei Freunde jetzt mit lautstarkem „Pling“, Klong“, „Zisch“ und „Surr“ wie ein Roboter am Fließband mit Dosen und Tüten herumhantieren. Sortiert wird hier nichts, das sieht das mülltrennungs-geschulte Auge sofort, vielmehr ist ihre Arbeit zwischen Trillerpfeifsignalen vollkommen sinnfrei. In der Pause gibt´s Vesper und am Ende Geschenke, die sie als feine Herrschaften spazieren führen. Da blitzt für die Erwachsenen ganz kurz Kapitalismus- und Konsumkritik auf: Arbeiten für Dinge, Hauptsache neu und bunt, wahrscheinlich morgen schon wieder auf dem Berg… Eine Müllhalde als Spielplatz? Schon das ist eine irritierende Verweigerung an jegliche pädagogische Zeigefingerei, die traurigen Bilder von Müllsammelkindern auf riesigen, rauchenden Halden sind trotzdem da. Die hat ihr junges Publikum noch nicht im Kopf und so bleibt Steffi Bürgers Geschichte so unbestimmt wie wertfrei: Denn was treiben die Zwei da eigentlich so glücklich und zufrieden in Mülldorado? Wer bläst in die Trillerpfeife? Und ist Müll nun gut oder schlecht? Als Wust erst eine Topfpflanze („Ist das Müll? Kein Müll!“) und dann einen Apfel („Wie macht man den auf?“) findet, ist sein Interesse geweckt. Botschaften aus einer anderen Welt? Einer mit Wiesen, Blumen und Bäumen, so wie auf dem großen Foto, das er findet? Auch wenn er für all diese Dinge noch keinen Namen hat: Das will er sehen, da muss er hin! Und so zieht er ohne Ramsch los, ihre Verwandlung zu zwei Einzelwesen ist nicht einfach: Keiner von beiden war je allein. Doch echte Freunde kommen wieder zusammen. Und dann wächst das Gras und Pflanzen wuchern…
Mit viel Dynamik, Clownerie und Stummfilm-Slapstick bringen Alexandra Nesici und Nils Hüttenrauch das mitreißend auf die Bühne – und doch ist das Stück mit seinen ständigen, ritualisierten Wiederholungen und Loops auch stellenweise zäh, die Story wenig schlüssig. Fantasievoll und punktgenau fürs junge Zielpublikum inszeniert, aber doch mit sehr vielen Leerstellen. Ob das funktioniert? Unbedingt bleibt so aber auch viel Raum für Fragen und hoffentlich angeregte Gespräche danach. Spaß hatten die Kinder bei der Premiere auf jeden Fall!

Ab 4 Jahren. Buchbar für Kindergärten und Grundschulen unter www.theater-budenzauber.de

Bildquellen

  • Alexandra Nesici und Nils Hüttenrauch: © Theater Budenzauber