Das Kunstmuseum Basel setzt bei der Ausstellung von Dan Flavins Werken einen besonderen Akzent
Wenn man das Kunstmuseum Basel über den Innenhof betritt, ist dies bereits eine gute Einstimmung für die aktuelle Sonderausstellung „Dan Flavin. Widmungen aus Licht“. Seine Arbeit in den Ecken des Hofes „Untitled. In Memory of Urs Graf“ ist einerseits eine Lektion darüber, wie groß die Widerstände lange gegenüber zeitgenössischer Kunst waren. Die Kunstkommission des Museums sperrte sich vehement gegen einen Ankauf, doch einer Schenkung des Künstlers konnten die Basler sich dann doch kaum verwehren. Seit 1975 sind die Neonröhren nun im Hof installiert, doch bis sie rot, gelb, grün und blau leuchteten, dauerte es wiederum ein bisschen. Man schaltete sie einfach nicht an.
1975 war das Jahr von Dan Flavins Doppelausstellung in Basel. Während der amerikanische Künstler, der 1996 mit 63 Jahren starb, in der Kunsthalle Basel Installationen zeigte, waren im Kunstmuseum seine Zeichnungen zu sehen. In Vorbereitung der Ausstellung hatte Dan Flavin sich intensiv mit Urs Graf (1485-1529) befasst und auch einige seiner Zeichnungen aus der Sammlung des Kunstmuseums in die eigene Präsentation integriert. Vielleicht war es der Krieg, der beide über die Jahrhunderte hinweg miteinander verband. Urs Graf verdingte sich als Söldner und gab in seinen Zeichnungen Einblicke in die Versehrungen, die der Krieg schlug und Dan Flavin engagierte sich in der Anti-Vietnam-Bewegung. Andererseits also führt die Basler Arbeit „Untitled. In Memory of Urs Graf“ mitten in das Thema der Ausstellungen: Widmungen aus Licht.
Werke zu widmen ist eine Tradition, die bis in die Antike zurückreicht. Kunstschaffende bedankten sich auf diese Weise, sie rückten ihre Arbeiten in eine bestimmte Tradition ein oder stiften Nähe. Mal aus wirklicher Verbundenheit, mal aus dem Gefühl eigener Bedeutung. Dan Flavin scheint sich oft einfach einen Scherz gemacht zu haben. 1987 widmete er eine T-förmige Arbeit, die aus rosa und grünen Leuchtstoffröhren dem Kollegen und Freund Donald Judd. Die Geste wirkt wie potenzierte Ironie. Denn dass Flavin seine Arbeiten mit einer derart persönlichen Note versah, obgleich sie aus industriell hergestellten Leuchtstoffröhren bestanden, ist bereits ein Bruch, sie Donald Judd, diesem ausgewiesenen Vertreter der Minimal Art zu widmen, geradezu komisch. Judds Arbeiten, die meist auf Modulen beruhen, haben so gar nichts Subjektives. Diese erzählerische, anekdotische Ebene, die sowohl Flavin als auch Judds Werke dadurch bekommen, hat etwas Subversives. So als stände auf einem supercleanen Designertisch ein Erbstück mit seiner ganz eigenen Geschichte.
Im siebten Raum der Ausstellung dokumentiert das Kunstmuseum Basel nicht nur die Doppelausstellung von 1975, sie zeigt anhand der Widmungen auch das persönliche wie auch künstlerische Umfeld Dan Flavins. Zu ihm gehörte auch der deutsche Kunsthändler Heiner Friedrich, mit dem Flavin seit 1968 zusammenarbeitet. Erst in München, dann ab 1970 in den USA, wo Friedrich die Dia Art Foundation mitbegründet. „Untitled (to you, Heiner, with admiration and affection)“ hat in Basel nun auch die größte Strahlkraft. Wie ein Riegel schiebt sich die Arbeit, die aus drei grünen Leuchtstoffrechtecken besteht, die immer um deren Breite versetzt nachgeordnet sind, durch den Raum. Man sieht diese Passage von grünem Licht bereits bevor man die Ausstellung betreten hat. „Dan Flavin. Widmungen aus Licht“ zeigt die Arbeiten chronologisch und beginnt mit jener gelben Leuchtstoffröhre „The diagonal of May 25, 1963 (to Constantin Brancusi)“, die er schräg an der Wand installiert hatte. Anders als James Turrell schafft Dan Flavin selten Lichträume, sondern Skulpturen, er selbst sprach von „gasförmigen Bildern“ oder von „Situationen“. Die Leuchtstoffröhren geben die Form vor und er ordnet sie direkt an der Wand an oder in den Raum ragend. Mehrere Werke sind Tatlin gewidmet, man erkennt den turmartigen Aufbau seines „Monument für die dritte Internationale“ wieder. Dieser sehr besondere Zugang zum Werk Dan Flavins ermöglicht es im Kunstmuseum Basel die Persönlichkeit und den Zeitgenossen sichtbar werden zu lassen.
Dan Flavin. Widmungen aus Licht. Kunstmuseum Basel/Neubau, St. Alban-Graben 16, Basel. Dienstag bis Sonntag 10 bis 18 Uhr, Mittwoch 10 bis 20 Uhr. Bis 18. August. kunstmuseumbasel.ch
Bildquellen
- Dan Flavin: „Untitled“, 1987 © Stephen Flavin/2024, ProLitteris, Zurich. Panza Collection, Mendrisio: Foto: Florian Holzherr