Kunst

Geisterlandschaften: Eine Ausstellung in der Freiburger Galerie Albert Baumgarten präsentiert die Malerei Jan Schülers

Wiesen, Flüsse, Straßen, Friedhöfe. Sind letztere üblicherweise kaum belebt, dürften es zumindest erstere sein. Nicht so bei Jan Schüler. Menschen, Tiere gehören nicht in die abstrahiert wirkenden Landschaften des Düsseldorfer Malers. Stattdessen: Einheitliche, klar voneinander abgegrenzte, kühle Farbflächen. Dass zwei seiner Einzelausstellungen unter dem Titel „Deutsche Landschaft“ standen, mag man für passend halten. Strenge, Monotonie, Kälte gelten als stereotype Merkmale des deutschen Wesens – und auf eben dieses spielt Jan Schülers Malerei an.
Als Bezugspunkt nennt der Pressetext zur Ausstellung „Jan Schüler. Neue Landschaften. Malerei“ in der Galerie Albert Baumgarten zunächst Giorgio de Chirico, Vorbild des Surrealismus und Maler menschen- und luftleerer Landschaften. Chirico nur malte nicht den Rhein, Berlin, Weimar und das KZ Flossenbürg, Orte deutscher Geschichte. Jan Schülers Blick geht nicht nur durch das streng quatrierte Fenster von Goethes Wohnhaus oder der Düsseldorfer Kunstakademie, an der er als Meisterschüler Fritz Schweglers selbst studierte. Nicht nur an den vergessenen Dresdner Maler Egon Pukall und den weit bekannteren sächsischen Maler Caspar David Friedrich wird erinnert. Beide sind wie Jan Schüler Maler ikonischer deutscher Landschaften.
Es sind eben auch die Spuren der deutschen Vernichtungspolitik, die Jan Schüler mit seinen Landschaften immer wieder thematisiert. Gemalt hat er auch Opfer der Shoah, so den Jungen Edek, der in Treblinka ermordet wurde. Portraits wie diese sind in der kleinen Freiburger Ausstellung nicht zu sehen. Nur ein Bild mit Bezug auf die deutschen Konzentrationslager ist ausgestellt.
Und doch bleibt das Geisterhafte und Beklemmende der „Neuen Landschaften“, die sich so leer und damit scheinbar frei von menschlichen Konflikten erstrecken. In Jan Schülers Malerei wird über die Atmosphäre erinnert – und subtil verwiesen. Das Portrait Egon Pukalls mit Augenklappe, nach einem Foto, ist neben den Friedhof, auf dem er begraben ist, collagenhaft montiert. Vergleichbar portraithaft steht vor der Großgörschenstraße 35 in Berlin ein fiktives Verkehrsschild. Ein Pfeil zeigt nach oben. Jan Schülers Blick ist als forschender Blick in der strengen Architektur und Präzision seiner Bilder wiederzufinden. Das kollektive Gedächtnis, aber auch biografische Bezüge beeinflussen sein Malen. Die Ausstellung gibt erste Einblicke in seine bewegungslosen und doch bewegten Landschaften.

Jan Schüler. Neue Landschaften. Malerei. Galerie Albert Baumgarten, Kartäuserstraße 32, Freiburg. Dienstag bis Freitag 15–19 Uhr. Samstag 11–14 Uhr. Bis 03.11.2023.

Bildquellen

  • Jan Schüler: „Dresden. Die Elbe bei Schloß Pillnitz“, 2022, Öl, 110x140cm: © Jan Schüler/Galerie Albert Baumgarten